06. Juni 2020

«Wochendiagnose: Homo homini virus?»

Es ist eine der ältesten und fundamentalsten Fragen: Welches Bild haben wir von unseren Mitmenschen? Der Mensch ist ein soziales Wesen. Ohne zwischenmenschliche Kontakte können wir nicht leben. Diese können aber auch gefährlich sein, die Pandemie führt uns das wieder vor Augen.

Vom römischen Komödiendichter Plautus ist die Wendung überliefert, der Mensch sei dem Menschen Wolf, also Bedrohung («Homo homini lupus»). Der Satz blieb prägend für ein skeptisches Menschenbild – und diente als Vorlage für berühmte Abwandlungen, etwa in der religionskritischen Philosophie von Ludwig Feuerbach: «Homo homini Deus».

Aktuell sind wir in Gefahr, uns gegenseitig vorwiegend als Ansteckungsgefahr zu sehen. Es ist verständlich, dass angesichts der Allgegenwart von Infektionszahlen, Abstandsregeln und epidemiologischen Diskussionen das Virus auch unser Menschenbild prägt. Wie im Kampf gegen die Pandemie ist aber auch hier Achtsamkeit und Vorsicht angezeigt. So wichtig es ist, die Regeln der Pandemiebekämpfung einzuhalten, so wichtig ist es auch, die Prinzipien der Solidarität unter Mitmenschen hochzuhalten. Homo homini homo.

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