«Wochendiagnose: Die Krux mit den Daten»
Im Kampf gegen die Pandemie wurden und werden unzählige neue Datenbanken, Apps, Statistiken und Monitoringsysteme aufgebaut. Die Zwischenbilanz ist zwiespältig. Zwar leisten die vorhandenen Daten grosse Unterstützung. Den Erklärungshunger von Bevölkerung und Behörden werden sie aber nie stillen können. Umso wichtiger bleiben deshalb gesunder Menschenverstand und Empathie.
Die meisten von uns verhalten sich wie sonst nur Börsenhändler: Wir verfolgen die täglichen Infektionszahlen aus verschiedenen Ländern wie Aktien- oder Börsenkurse und informieren uns über News und Trends. Die Orientierung an Zahlen ist legitim und plausibel: Nur wer weiss, was epidemiologisch vor sich geht, kann die richtigen Massnahmen gegen die Pandemie ergreifen. Deshalb bleibt es richtig und wichtig, dass wir uns um vollständigere, zuverlässigere und rascher verfügbare Daten bemühen – als Behörden oder auch persönlich (Stichwort SwissCovid App). Wertvoll dabei ist der Dialog mit der Wissenschaft, damit die richtigen Daten richtig erhoben werden.
Zu warnen ist aber vor einer zu einseitigen Orientierung an Zahlen und Statistiken. Jede Zahl ist letztlich eine unvollständige Kürzestabbildung einer Realität, die viel komplexer ist. Deshalb bleiben Statistiken fehleranfällig und interpretationsbedürftig. Das gilt ganz besonders, wenn dahinter erkrankte Menschen stehen.
Was bedeutet das für die Politik? Erstens müssen wir weiterarbeiten an soliden wissenschaftlichen Grundlagen für möglichst wirksame Massnahmen der Pandemiebekämpfung. Zweitens sind wir aufgerufen, uns Daten stets erklären zu lassen, um Missverständnisse zu vermeiden. Drittens ist anzuerkennen, dass Zahlen immer unvollständig sein werden – entsprechend dürfen wir unser politisches Handeln nicht von ihnen dominieren lassen. Mindestens so wichtig für die erfolgreiche Pandemiebekämpfung sind gesunder Menschenverstand und Empathie von uns allen.
Zurück