«Wochendiagnose: der Patchworkstaat»
Am Donnerstag Abend wurde im Museum der Kulturen in Basel die sehr sehenswerte Ausstellung «Stückwerk. Geflickte Krüge, Patchwork, Kraftfiguren» eröffnet. Eine schöne Gelegenheit für eine kleine Reflexion über unseren Föderalismus.
In der Kunst ist das Unvollständige oder Zusammengesetzte, welches hier auf vielfältige Weise gezeigt wird, eher der Ausnahmefall. Skulpturen, Sinfonien & Co. haben in der Regel einen klar definierten Entstehungs- und Vollendungszeitpunkt. Es gibt Ausnahmen, auch berühmte, aber das künstlerische Ideal ist zumeist das vollkommene, einmal geschaffene und fertiggestellte Werk.
Bei einem Staatswesen wie der schweizerischen Eidgenossenschaft ist das ganz anders. Zwar gibt es zuweilen auch da den Masterplan - so kann man die Gründung des schweizerischen Bundesstaats moderner Prägung durch die Bundesverfassung 1848 als originären Akt sehen, erarbeitet und verhandelt von 23 Kommissionsmitgliedern in 51 Tagen. Das ist aber die Ausnahme. Die Regel ist, dass an Staatsorganisation, Verfassung und Gesetzen ständig gebastelt und herumgeflickt wird. In der Schweiz ist das besonders ausgeprägt, schon aufgrund unserer Geschichte. Auch heute sind wir ein Volk von Bastlern und Flickern – auf jeden Fall staatsrechtlich gesehen: 100'000 Stimmberechtigte können jederzeit jegliche Bestimmungen unserer Bundesverfassung zur Disposition stellen, was auch regelmässig geschieht, und auch in Kantonen und Gemeinden wird konstant am Gemeinwesen gewerkelt.
In den Corona-Monaten war oft die Rede davon, unser föderalistisches System führe zu einem Flickenteppich, der Kantönligeist werde von der Bevölkerung nicht verstanden. Etwa, wenn in einem Kanton die Restaurants schliessen mussten und die Trinkfreudigen sich im Nachbargebiet trafen. Man kann den Föderalismus natürlich auch positiver darstellen – als ein mosaikartiges, den Umständen angepasstes, subtil austariertes Gesamtsystem, welches ein effizientes kollektives Lernen im Sinne von Trial and Error ermöglicht hat. Dabei sei zugestanden, dass Politik in Zeiten der Pandemie letztlich Flickwerk bleiben muss. Eine hochansteckende gefährliche Krankheit sprengt Risse in das Mauerwerk der Gesellschaft, die durch staatliche Massnahmen nur lückenhaft geschlossen oder überklebt werden können.
Nun wird im Zuge der Nachbearbeitung des Krisenmanagements fleissig evaluiert, wer was wie besser machen könnte. Das ist natürlich richtig so. Es muss weitergeflickt werden, nur so bleiben Demokratie und Föderalismus lebendig.
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