«Wochendiagnose: Rückkehr des Militärischen»
Kriegselend in der Ukraine, Paradenirrsinn in Moskau, NATO-Annäherung in Finnland und mehr Geld für die Schweizer Armee. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine dominieren Militärthemen die Aktualität. Kein gutes Zeichen.
Meine eigene Militärzeit begann mit der RS im Sommer 1994. Ich absolvierte sie in Mels SG – bei den Festungstruppen. Wir übernachteten wochenlang tief im Stollen mit getarntem Eingang, der legendäre Réduit-Geist war noch stark präsent. Allerdings lief schon die Umsetzung der «Armee 95», mit welcher die Schweiz auf den Zusammenbruch der Sowjetunion und des Warschauer Pakts reagierte. Eigentlich erlebte ich die Armee stets in Reorganisation. Sie verkleinerte und modernisierte sich mehrfach in relativ kurzer Zeit und veränderte ihre Einsatzdoktrin stark. Die fix installierten Minenwerfer etwa, die wir Ende der Neunziger Jahre in Betrieb nahmen, sind schon wieder ausgemustert. Die Einsparungen wurden als «Friedensdividende» ausgewiesen, was allgemein als plausibel erschien.
Nach dem Ende der Festungstruppen wurde ich als Offizier «Recht und Konventionen» in den Armeestab umgeteilt. Dort diskutierten wir unter anderem Fragen der völkerrechtlichen Zulässigkeit von Artillerie-Einsätzen. Die Beispiele dafür gab es sehr wohl (z.B. in Ex-Yugoslawien, Gaza, Georgien), trotzdem fühlte sich die Fragestellung irgendwie surreal an in Zeiten der Globalisierung und internationalen Zusammenarbeit.
Inzwischen wurde ich aus der Dienstpflicht entlassen. Die völkerrechtswidrigen Artillerie-Einsätze aber sind in Europa zurück. Sie sind bestürzend real. Darauf muss der Westen reagieren. Politische Umpositionierungen sind bereits erfolgt. Vor der Armee liegt nun viel konzeptionelle Arbeit und neuer Reformaufwand. Sie verdient dabei unsere Unterstützung.
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