14. Dezember 2024

«Wochendiagnose: Subito?»

Es ging plötzlich sehr schnell in Syrien. Geflüchtete verdienen mehr Geduld.

Der rasante Sturz des syrischen Diktators zieht uns in den Bann; Erinnerungen an den Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks oder an den Arabischen Frühling werden wach. Die unerwartete Überwindung des Schreckensregimes macht grauenvolle Verbrechen sichtbar und sorgt für Erleichterung und neue Hoffnung. Es ist den Syrerinnen und Syrern zu wünschen, dass sie nicht erneut enttäuscht werden.

Das gilt auch für diejenigen unter ihnen, die in die Schweiz oder ein anderes europäisches Land geflohen sind. Dass nun in der Politik gefordert wird, sie müssten alle gefälligst wieder heim, und zwar subito, finde ich irritierend. Selbstverständlich wird die neue Lage, wenn sie sich in den kommenden Monaten zu stabilisieren vermag, für die Beurteilung von asyl- und ausländerrechtlichen Fragen zu berücksichtigen sein. Es ist zu hoffen, dass die Menschenrechtslage in Syrien bald kein Fluchtgrund mehr sein wird.

Das wird jedoch Zeit brauchen. Ohne nähere Kenntnis der syrischen Politik können wir nicht beurteilen, ob der Umsturz einem längerfristig angelegten Plan folgt und wer sich dort letztlich durchsetzen wird. Die Erwartung an eine friedlichere und sicherere Zukunft muss sich nun in einer unsicheren Zeit der Umsturzwirren, inneren Konflikte und möglicherweise auch ausländischen Beeinflussungsversuche durchsetzen.

Wenn Geflüchtete in ihr Heimatland zurückreisen, um dazu einen Beitrag zu leisten, ist das ehrenhaft und unterstützungswürdig. Es subito einzufordern, würde der Situation nicht gerecht.

Zurück

«Wochendiagnose»