«Wochendiagnose: Zuckerl-Illusion»
Das Jahr beginnt schlecht für die Anhänger der traditionellen westlichen Demokratie. Der Vormarsch der Rechtspopulisten setzt sich in beschleunigtem Tempo und akzentuierter Rücksichtslosigkeit fort.
Diese Woche in unserem Nachbarland Österreich. Was als Allianz der Moderaten und Verantwortungsbewussten angestrebt und vom Boulevard als «Zuckerl-Koalition» überschrieben wurde, erwies sich als Illusion. Der Druck von rechts war zu stark, die inhaltliche Übereinstimmung zu schwach. Wohin sich die österreichische Politik entwickelt, wird man sehen, nach einer Stärkung des traditionellen liberalen Wertekanons sieht es jedenfalls nicht aus.
Ein Ausrufezeichen dazu setzte diesen Montag der Leiter der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau in den TA-Titeln. Er äusserte eindringlich Sorge um die aktuelle Entwicklung und war mit der Aussage zitiert, dass wir immer verlieren würden, wenn wir uns auf eine seriöse Diskussion mit Populisten einlassen. Das klingt ganz nach der Brandmauer, die im deutschen Wahlkampf noch hochgehalten wird.
Das ist sehr verständlich, aber letztlich zu resignativ. Die Demokratie lebt von der offenen Auseinandersetzung - auch mit Populisten und auch zu schmerzhaften Themen. Es ist kein Weg ersichtlich, wie man wählerstarke Parteien oder Bewegungen durch Ignorieren zum Verschwinden bringen könnte. Die offene Einlassung auf verführerisch-falsche Argumente scheint mir da immer noch erfolgversprechender.
Insofern doch viel Motivation, die Debattenkultur auch im neuen Jahr zu pflegen – im Interesse von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und politischem Respekt.
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