«Wochendiagnose: Diss»
Es ist die zentrale Botschaft, die uns derzeit aus den USA erreicht. Ob im Super Bowl-Finale, im Weissen Haus oder auf internationalen Konferenzen dominiert die zur Schau getragene Respektlosigkeit.
Die Kinder mussten mir den aus dem Rapper-Slang in die Jugendsprache aufgenommenen Begriff vor ein paar Jahren erst erklären. Inzwischen hat er einen erschreckenden Siegeszug angetreten. Allen voran die neue US-Regierung teilt mächtig aus. Kritiker, Regierungen und Menschen aus Kriegsgebieten werden gleichermassen verhöhnt und schlechtgemacht, Stilgrenzen sind keine mehr auszumachen. Den ultimativen Diss-Tiefpunkt der Woche bildet die Positionierung zum Ukrainekrieg, die den Opfern der russischen Aggression als Verrat vorkommen muss.
Ironischerweise ist das D-Word in meiner persönlichen Erfahrung so ganz anders besetzt. Jahrelang hat mich meine Dissertation im Wirtschaftsvölkerrecht beschäftigt und auch begeistert. Das war allerdings auch eine andere Zeit. Die WTO führte nach ihrer Gründung 1995 zu einer Stärkung des internationalen Freihandels und zu einer regelbasierten Güterabwägung zwischen Wirtschaftsfreiheit und Sozial- sowie Umweltzielen. Selbstredend wird dieses System mit der Verhängung von US-Zöllen ebenfalls gerade mit Füssen getreten.
Mit etwas Distanz könnte man sich damit beruhigen, dass es sich bei den Rapper-Feindseligkeiten um Marketinginstrumente handelt und das in der Politik ja ähnlich sein könnte. Es sieht leider nicht so aus, dass zukünftige Doktorarbeiten dies einmal bestätigen werden.
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